VON RÜDIGER ZUR BONSEN

fitnessraum arztpraxis zur bonsen
12. Oktober

Weniger ist mehr

Oder: Eine fortlaufende Echtzeitreportage Ihres Hausarztes zum Thema der aktiven Gewichtsreduktion | Teil 10


Eine Woche später | Von Fastenzeit und Mundgeruch

8 Wochen / 9 kg. Welch ein herrlicher klarer Herbsttag – obwohl: erst einmal nicht! Mit dem Aufwachen verspürte ich Schmerzen im rechten Knie und malte mir im Halbschlaf spontan alle Hemmnisse und Komplikationen aus, die dies für mein Projekt nun bedeuten würde. Beim näheren Abtasten konnte ich allerdings den Schmerz recht oberflächlich im Bereich des Sehnenansatzes eines Unterschenkelmuskels lokalisieren. Warum das nun? Es wird einfach jetzt schon recht früh dunkel und so lief ich zwei Tage zuvor abends in die hereinfallende Nacht hinein meine Waldrunde, linksherum, erst die Pfade, dann die befestigten Wege. Es ist schön, in der Dämmerung zu laufen, die Reize schwinden, der Körper arbeitet ohne Ablenkung, der Lauf wird dynamischer, das Empfinden der Bewegung dominiert.

Natürlich lief ich achtsamer im Zwielicht über den teils unebenen Boden, aber nicht langsam. Meine Zerrung musste von einem tapsigen Schritt, einer kleinen Bodendelle herrühren! Vor Jahren lief ich in Norwegen in einen unbeleuchteten Tunnel hinein. Nach vielleicht einhundert Metern war infolge einer leichten Biegung der kleinen Straße im Tunnel alles plötzlich stockduster. Im Laufen drehte ich mich leicht um, um vergeblich den Tunneleingang zu erkennen – und wäre fast über den Außenspann des aufkommenden Fußes gestolpert. Das war eindrucksvoll! Wir nehmen doch mehr Informationen über den vor uns liegenden Boden auf, als uns bewusst wäre – im Hellen.

Eine Pille und etwas Einlaufen weiter konnten wir eine schöne Radtour durch das Bergische Land machen und ich anschließend im Fitnessraum noch etwas trainieren. Eine Yogastunde mit Freunden oben in der „Waldloft“ am frühen Abend wird später den Sonntag abrunden.

Es ist etwas Neues aufgetreten: metallischer Mundgeruch, wie mir meine Frau verkündete. Und in der Tat schmecke ich zuletzt eine Note auf der Zunge, die ich auf den vielen Joghurt und Quark auf meinem Speiseplan zurückgeführt hatte. Doch es dürfte etwas anderes sein: Ketonkörper. Diese entstehen im Stoffwechsel, wenn der Körper wegen mangelndem Angebot an Kohlenhydraten zur Energielieferung immer mehr auf Lipolyse umstellt, also auf intensivierte Fettverbrennung, hurra! Meine Zentralheizung hat also von Gas auf Schweröl umgestellt und raffiniert in der Leber selbst. Auch mein Gehirn kommt nun mit weniger Glukose, also Zucker, aus und nimmt mehr von dem Sonderkraftstoff. Habe ich erwähnt, dass ich im ewig währenden Wettstreit der Ehepartner im Schach vorübergehend in Führung gegangen bin?! Als Nebenwirkung der Stoffwechselumstellung ist jetzt auch rückblickend einzuordnen, dass mir zuletzt zwei Mahlzeiten ungewöhnlich schwer im Bauch lagen. Schlafstörungen, als weitere typische Nebenwirkung, habe ich hingegen nicht entwickelt, wahrscheinlich wegen der sportlichen Betätigung an der frischen Luft und dem frühen Gepiepse des Weckers im Alltag. Am Ende mache ich ja keine Hungerkur, sondern ein Aktivfasten mit eiweißgestütztem Muskelaufbau. Eine Besinnungszeit der Neuordnung, eine Fastenperiode des Aufklarens und der Regeneration wurde auch früher eingelegt – zweimal im Jahr! Auch die Adventszeit war vor Generationen noch eine Fastenzeit. Seit September können wir uns hingegen in den Supermärkten wieder mit Dominosteinen und Lebkuchen eindecken und schon einmal Speck für den harten Winter oder wofür auch immer ansetzen. Ich hingegen kaufe mir morgen zuckerfreies Kaugummi.